Was vor acht Jahren mit einer 4-kWp-PV-Anlage am eigenen Dach begonnen hat, ist heute bei Elektro Wultschnig im Pitztal eine durchdachte intelligente Gebäudetechnik. Von Wolfgang Sedlak
Dank rund 20 kWp-PV-Anlage, einem Wasserkraftwerk und einer Windstrom­erzeugung kommt man bei Elektro ­Wultschnig auf über 80 % Eigenstromanteil.
Den Beginn machte eine kleine Photovoltaikanlage, heute kommt bei Familie Wultschnig in Tirol ein ausgeklügelter Mix an nachhaltiger Energie zum Einsatz. Mit einem Eigenstromanteil von rund 90 % werden Solar-, Wasser- und Windstrom effizient genutzt. Wie, zeigen Visualisierungen am PC, Smartphone oder Tablet. Derzeit speisen unterschiedliche erneuerbare Stromquellen zwei Häuser mit sechs Wohnungen und ein Betriebsgebäude: drei PV-Anlagen – eine alte 3,7 kWp-Anlage (Einspeisevergütung 65 c/kWh), eine zweite mit 14 kWp (Einspeisevergütung 4 c/kWh) und seit heuer eine speziell für den Winter ausgelegte, mit einer 60°-Neigung montierte 3-kWp-Anlage (auf der auch kein Schnee liegen bleibt und der niedrige Sonnenstand besser genutzt wird); eine kleine Turbine, die vom vorbeifließenden Bach angetrieben wird, sowie seit heuer ein Windkraftwerk mit 2 kWp, Letztere mit mäßigem Erfolg, da zu wenig Wind kaum nennenswerte Erträge bringt.

Energieoptimiertes Haus
„Die kostengünstigste Energie ist jene, die man selbst verbraucht“, sagten sich Seniorchef Reinhold Wultschnig und Junior Hannes, der Programmierung und Visualisierung selbst durchgeführt hat. Um bei Nacht gut über die Runden zu kommen – dank SMA-Wechselrichter mit Pufferspeicher und extra 40 kW-Gel-Pufferbatterie bzw. zusätzlicher Wärmespeicherung im Warmwasserspeicher – wurde z. B. die Beleuchtung auf LED umgestellt, die Kühlgeräte werden untertags „überkühlt“, das Büro in der Nacht „abgezwickt“, ebenso wie alle nicht benötig­ten Stromverbraucher inklusive Stand-by-Geräte abgeschalten sind. „Funktionieren kann das aber nur, wenn je nach selbst erzeugtem Strom auch der Verbrauch geregelt wird“, betont Hannes Wultschnig. Bis heuer wurde der Verbrauch über den KNX-Bus und einen Gira HomeServer entsprechend der momentanen Stromerzeugung gesteuert, das war dem Juniorchef aber zu träge: „Mit der neuen Wago-SPS kann der Verbrauch schneller und exakter als bei KNX nachgeführt werden.“ Damit kann auch die fürs nächste Jahr geplante Heliotherm-Wärmepumpe stufenlos gesteuert werden. Der Verbrauch wird nach dem im Moment erzeugten Eigenstrom angepasst, wie man mittels Monitoring ersichtlich macht. Auf einer Grafik ist zu erkennen, dass der Verbrauch etwa bei geringerem Ertrag durch eine Wolke sofort zurückgefahren wird. Zusätzlich werden die Wetterdaten von zwei Wetterstationen und mehreren Temperaturfühlern sowie die Vorhersagen auf wetter.at im Raum Innsbruck genutzt. Auch die Batterie wird intelligent gesteuert. Senior Reinhold Wultschnig: „Um die Lebensdauer der Batterie hochzuhalten, wird sie nur bis 53 % entladen. Um die Ladezyklen niedrig zu halten, wird ein Verbrauch, der rasch über 5 kW geht, etwa das Aufheizen des Saunaofens, von der Batterie aufs Netz umgeschaltet.“ Die Batterielebensdauer sollte zwölf Jahre betragen.

Dank Visualisierung immer up to date
So komplex das Ganze klingt, so einfach sind wichtige Daten abrufbar. Natürlich sind die Daten aus der intelligenten Gebäudeautomatisierung per Visualisierung abrufbar, etwa die Zutrittskontrolle, die Mediensteuerung, die Steuerung (samt Heizung) des Swimmingpools, die Telefonanlage, Licht, Musik und Überwachungskameras. Das Monitoring von Stromerzeugung und -verbrauch ist aber ebenso umfangreich und lässt auf einen Blick erkennen, ob und wie gut die Verbrauchsoptimierung funktioniert. So wird der Ertrag der PV-Module per Tigo -Leistungsoptimierung und überwachung am Bildschirm sichtbar gemacht. Auf Knopfdruck ist eine Grafik mit Netz- und PV-Stromertrag sowie Verbrauch ersichtlich. Übersichtlich werden auf einem Bildschirm die Daten von EVU-, PV-, Wasserkraft- und Akku-Stromzufuhr sowie Verbrauch dargestellt. Ein zusätzlicher Tageszähler listet die bisherigen Zählerstände sowie den Vergleich zum Vortag auf. Balkendiagramme machen einen genauen Vergleich von Stromzufuhr und Verbrauch möglich. Es ist auch erkennbar, in welchem Maß der Überschuss-Strom ins Netz eingespeist wird.

Zu 80 % stromautark
Positives Resümee von Hannes Wultschnig: „Dank der intelligenten Steuerung können wir im Sommer von 9.00 bis 22.00 Uhr eigenproduzierten Strom nutzen und beziehen rund eine Stunde Strom aus der Batterie. Von Mai bis August sind wir sicher über 95 % autark.“ Insgesamt haben die Daten für 2014 durchschnittlich
80 % Eigen­stromanteil am Verbrauch ergeben. Für heuer sollte das dank der winteroptimierten PV-Anlage gesteigert werden. Auch an trüben Tagen hat man dank mittlerweile insgesamt 20-kWp-PV-Anlage genügend Strom z. B. für die – prinzipiell untertags zum optimalen Zeitpunkt eingeschaltete – Waschmaschine. Möglicherweise wird noch eine geringe Leistung von der Batterie abgezapft. Und was passiert etwa an Nebeltagen und bei stärkerer Bewölkung? Antwort des Juniorchefs: „Da wird das gesamte Haus auf Energiesparmodus betrieben. Der Boiler fährt nicht mehr mit 90 °C, sondern nur mit 50 °C, die Heizung wird aufs Notwendigste gedrosselt. Allerdings wird der Verbrauch nur minimiert und nie abgeschaltet – was wieder auf der Erzeugungs-/Verbrauchskurve ersichtlich ist.“ Das Resümee von Reinhold und Hannes Wultschnig zu ihrer ursprünglich als Testanlage konzipierten Energieoptimierung: „Es funktioniert besser, als wir es uns vorgestellt haben. Da wir schon vorher energiesparende Produkte genutzt hatten, haben wir nicht erwartet, dass der jährliche Stromverbrauch um 85 % zurückgehen kann.“ Aufgrund der positiven Erfahrungen plant ein Bauträger gemeinsam mit Elektro Wultschnig für 2016 die Realisierung eines Plusenergiehauses mit Back-up-Lösung und annähernd 100 % Energieautarkie.

Diese Geschichte erschien erstmals im Heft energie:bau 08/15.

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