Seit Anfang Oktober gilt der beliebte Dämmstoff Polystyrol, besser bekannt als Styropor, in Deutschland als Sondermüll und darf daher nicht mehr in der Müllverbrennung entsorgt werden.
Wer in einem Haus mit HBCD-haltigen Dämmplatten wohnt, müsse bei heutigem Kenntnisstand bei fachgerechter Anwendung keine negativen Effekte befürchten, so das deutsche Umweltbundesamt. Foto: pixabay.com
Auslöser für die neue Regelung ist der Flammenhemmer HBCD, der dem zur Dämmung bestimmten Styropor beigemischt wird: Der Stoff gilt als vermutlich krebserregend. Damit werden die Dämmplatten zu gefährlichem Abfall, der gesondert erfasst und verbrannt werden muss. Styropor dürfe nun weder deponiert noch exportiert werden, „der klassische Mischmüll-Transport beim Abriss von Häusern ist damit passé“, schreibt die „FAZ“.

Das deutsche Umweltbundesamt verfolgt mit der Neuregelung das Ziel, HBCD aus dem Wertstoffkreislauf auszuschließen. Die konkrete Umsetzung der separaten Verbrennung des Polystyrol macht allerdings laut „FAZ“ Probleme: „Weil dieses Verfahren den meisten Unternehmen zu aufwendig ist und die Müllverbrennungsanlagen ohnehin ausgelastet sind, nehmen die meisten Firmen Styropor schlicht nicht mehr an. Dazu gezwungen werden können sie nicht.“

Wohin nun mit dem ganzen Sondermüll? „Die Müllofen-Betreiber brauchen für das gesonderte Verbrennen eine spezielle Genehmigung, die grundsätzlich nur in einem aufwendigen Verfahren erteilt wird. Die Folge: Entsorger und Baubetriebe blieben derzeit auf den Dämmstoff-Abfällen sitzen“, berichtet die „Frankfurter Rundschau“. Der Engpass treibe laut „FAZ“ schon jetzt die Preise in schwindelerregende Höhen, bis zu 7.000 Euro je Tonne für die Verbrennung von sortiertem Styropor würden verlangt.

Hinzu komme außerdem die Unsicherheit, ob angeliefertes Styropor mit dem strittigen Flammschutzmittel versetzt ist. „Das Schlimmste was passieren kann, ist, dass die Dämmstoffplatten jetzt einfach in den Wald gefahren werden“, wird Peter Kurth, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V., im Bericht der „Frankfurter Rundschau“ zitiert.

Das Bundesumweltministerium habe inzwischen reagiert und die Bundesländer aufgefordert, das Mit-Verbrennungsverbot wieder zu kassieren, heißt es weiter. Das Styropor könne unter großer Hitze, wie in Müllöfen üblich, „schadlos“ entsorgt werden. Ob und wie schnell ein solcher neuer Bundesratsbeschluss kommen könnte, ist allerdings offen.

Hierzulande stellt sich die Situation anders dar: „Das BMLFUW hat in einem Erlass bestätigt, dass in Österreich HBCD-haltiges Styropor auch zukünftig als nicht gefährlicher Abfall einzustufen ist. Es darf in Müllverbrennungsanlagen für nicht gefährliche Abfälle weiterhin mitverbrannt werden. Das ist ökonomisch wie ökologisch sinnvoll, denn 1 kg Styropor-Abfälle sparen 1,3 Liter wertvolles Heizöl“, erläutert Clemens Demacsek, Geschäftsführer der GPH Güteschutzgemeinschaft Polystyrol-Hartschaum.

Bei einem im Jahr 2013 durchgeführten Großversuch im Müllheizkraftwerk Würzburg sei nachgewiesen worden, dass die Mitverbrennung von HBCD-haltigem Styropor mit keinerlei negativen Auswirkungen für die Umwelt verbunden sei. Zudem erlaube das vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung entwickelte CreaSolv®-Verfahren die Wiederaufbereitung von Alt-Styropor: „Kein anderer Dämmstoff verfügt aktuell über so viele Verwertungs-/Recycling-Möglichkeiten wie Styropor.“

Bericht „FAZ“

Bericht „Frankfurter Rundschau“

Webseite Güteschutzgemeinschaft Polystyrol-Hartschaum

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